Den Plan eine deutsche Anlaufstelle unter dem Dach der internationalen Meditationsgemeinschaft von Tergar zu gründen, gab es schon länger. Holger Yeshe, gebürtiger Franke und seit 2010 buddhistischer Mönch, hatte den Auftrag von Yongey Mingyur Rinpoche bekommen und Vorarbeit geleistet. Im März 2016 war es dann so weit: Den finalen Anstoß für die Gründung von Tergar e.V. gab ein nahender Deutschlandbesuch des Meditationsmeisters. „Wir durften Mingyur Rinpoche im April für ein Wochenende in Nürnberg willkommen heißen und rechneten mit 200 Besuchern“, erinnert sich Holger Yeshe. „Schlussendlich war das Germanische Nationalmuseum, wo die Veranstaltung stattfand, mit 500 Leuten komplett ausverkauft.“ Ein fulminanter Auftakt.
Die Vereinsgründung selbst verlief dagegen recht unspektakulär. Holger Yeshe saß im Tergar-Kloster in Bodhgaya vor seinem Computer, die anderen Gründungsmitglieder und Unterstützer schalteten ihn per Internet zu. Die Aufgabe von Tergar e.V. war von Anfang an, Mingyur Rinpoches Lehren im deutschsprachigen Raum zugänglich zu machen. „Wir wollen sowohl eine Gemeinschaft für alle bieten, die einen offenen Ansatz der Meditation suchen, als auch für Menschen, die dem buddhistischen Pfad folgen möchten“, erläutert Norman Pieniak aus dem Vereinsvorstand.
Im Winter 2017 wurde Mingyur Rinpoche zum Retreat in Winterberg im Sauerland erwartet, doch er musste seinen Besuch kurzfristig absagen, weil sein Großvater gestorben war. Holger Yeshe: „Wir haben es geschafft innerhalb von drei Wochen ein Visum für Khenpo Kunga zu bekommen, so dass wir die Veranstaltung nicht absagen mussten.“ Der tibetische Lama, der die Lehren von Mingyur Rinpoche rund um den Globus weitergibt, gewann die Sympathie der Teilnehmer im Sturm. Sein Besuch kam so gut an, dass er im Februar 2020 prompt wieder nach Deutschland kam, dieses Mal zu einem Teaching in Schloss Buchenau in Eiterfeld.
2019 kam es doch noch zum lang erwarteten Besuch von Mingyur Rinpoche in Winterberg. Tergar e.V. organisierte mit internationaler Unterstützung ein dreiwöchiges Retreat in dem Wintersportort, bei dem es Unterweisungen zu Joy of Living und dem Pfad der Befreiung gab. 400 Teilnehmer waren dabei – viele kamen aus Europa, einige sogar von noch weiter her.
Winterberg ist vielen Teilnehmern in Erinnerung geblieben, weil es vorerst die letzte Gelegenheit zum gemeinsamen Meditieren war. 2020 kam die Pandemie, das geplante Retreat in Schottland musste ins Internet verlegt werden – eine neue Erfahrung. Tausende Teilnehmer lauschten auf fünf Kontinenten den Unterweisungen, die Mingyur Rinpoche live per Internetstream gab.
Corona hat auch die Treffen der deutschsprachigen Tergar-Meditationsgemeinschaft auf den Kopf gestellt. Viele Praxisgruppen sahen sich vorübergehend online, die Workshops zum Joy of Living-Programm wurden auf ein neues Onlineformat umgestellt. Begegnungen in 3D gingen zwar verloren, doch die Umstellung machte das Angebot auch mehr Menschen zugänglich, betont Holger Yeshe: „Wir haben festgestellt, dass manche Leute sagen: Hört damit nicht auf, auch nach Corona! Die Praxisgruppen sind für mich zu weit weg oder ich kann nicht für ein Wochenende irgendwo hinreisen. Das Onlineformat hat mir jetzt erst einen Zugang verschafft.“ Die Bilanz von fünf Jahren Vereinsarbeit kann sich sehen lassen: Von 2016 bis 2021 hat Tergar e.V. 80 Veranstaltungen organisiert, an denen 3.880 Menschen virtuell oder in echt teilnahmen.